Dienstag, 17. Juli 2012

350 Tage in Peru

"Ein Auslandsjahr ist wie eine Fahrt mit der Achterbahn. Zuerst will man unbedingt damit fahren und ist sehr fasziniert von der Vorstellung, dann geht es schnell. Man muss einsteigen und dann kommen die ersten mulmigen Gefühle. Dann gibt es Hochs und Tiefs. Aber es wechselt dann sehr schnell. Am Ende ist man ein bisschen traurig, dass es schon vorbei ist, ein bisschen stolz, dass man es überlebt hat, erfreut wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und eigentlich würde man am liebsten sitzen bleiben und noch mal fahren."


Ich freue mich total aufs Heimkommen und gleichzeitig will ich nicht daran denken, mich von hier verabschieden zu müssen. Ich kann mir überhaupt noch nicht vorstellen, in ein paar Tagen wieder in Deutschland zu sein. Pünktlich zu sein, überall Menschen auf deutsch reden zu hören und nicht mehr in die Schule oder den Comedor zu gehen...



... manchmal wünsch ich mir, noch eine Weile bleiben zu können.

Dienstag, 10. Juli 2012

Mein peruanischer Geburtstag

Zum ersten Mal habe ich meinen Geburtstag auf der anderen Seite der Welt gefeiert. Im Winter (bei 19°C ;-)), ohne meine Familie, dafür aber mit meiner Gastfamilie, einer richtigen Geburtstagstorte und einer Piñata.


die Geburtstagstorte extra mit "meinem Namen" :D

In Peru wird ein Geburtstag meistens so gefeiert: Die Gäste versammeln sich um den Fernseher herum und es wird ihnen etwas zum Essen und Trinken angeboten.
Ähnlich war es auch an meinem Geburtstag. Ein paar saßen auf dem Sofa vor dem Fernseher und die andere Hälfte spielte am Esstisch Karten. Nebenher gab es Chips, Pudding, Gelatina (Götterspeise) und Api. Api ist ein warmes lilanes Getränk, das aus lilanem Mais gemacht wird und nach Zimt und Weihnachten schmeckt. Davon habe ich mir gleich 10 Päckchen gekauft, die ich mit nach Deutschland nehmen werde :)

Abends wurde mir dann mein "Happy" gesungen. Die Peruaner haben dabei ihre ganz spezielle Aussprache :D Nämlich so: "Chapi bärday tu yu, chapi bärday tu yu..." Danach wurde die englisch-peruanische Version noch auf deutsch gesungen und ich pustete die Kerze auf meiner Torte aus. Ganz traditionell durfte ich die Torte als Erste probieren. Kaum hatte ich direkt reingebissen, hatte ich auch schon den ganzen Kuchen im Gesicht, im Mund und in der Nase :D







Nachdem alle ein Stück von der Geburtstagstorte gegessen hatten war die Piñata an der Reihe. Mit einem Besenstiel schlug ich so lange mit verbundenen Augen auf den Kelch aus Pappe ein, bis er kaputt ging und überall auf dem Boden Bonbons, Kügelchen und noch ein paar andere Sachen lagen.





Es war ein sehr schöner Tag, der mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird! Danke an meine Familie in Deutschland für die jährlichen Milka Pralinen :)
Und danke an alle für die vielen Glückwünsche, Mails und Anrufe! Wir sehen uns ja schon bald wieder in Deutschland... ;-)



Freitag, 29. Juni 2012

Der neue Comedor

Weil der Comedor vor ein paar Wochen umziehen musste, bekommen alle 82 Kinder ihr Mittagessen jetzt in einem anderen Haus, das ein paar Minuten vom alten Comedor entfernt liegt. Der neue Raum ist zwar ein bisschen kleiner, aber trotzdem reicht er aus. Inzwischen hat jeder wieder seinen festen Platz an einem der farbigen Tische und die Wände sind auch nicht mehr so kahl wie am Anfang :)



Und nach dem Essen gehts dann mit den Kindern noch auf den Spielplatz und zum Fußball spielen.





Mittwoch, 6. Juni 2012

Vamos a la piscina



vor dem Schwimmbad

Endlich haben wir es geschafft, einmal in der Woche mit fast allen Kindern aus der Schule ins Schwimmbad zu gehen, damit unsere Schüler schwimmen lernen!


Dienstag, 5. Juni 2012

Glück gehabt

Aber was genau ist Glück?

Vor meinem Abflug nach Peru bedeutete Glück für mich, auf der Welt zu sein und leben zu dürfen.
Seit meiner Ankunft auf der anderen Seite der Welt denke ich oft darüber nach, was Glück wirklich ist und vor ein paar Wochen habe ich etwas erlebt, das mich auf meine persönliche Definition von Glück gebracht hat...

... Die Geschichte beginnt in der letzten Aprilwoche, in der die spontane Idee kam, über ein verlängertes Wochenende in den Norden zu reisen. Wir kauften 2 Fahrkarten, packten unsere Rucksäcke und schon saßen Sabi und ich im Bus auf dem Weg nach Lima. Nach 17 Stunden Fahrt kamen wir in der Hauptstadt an, fuhren direkt zum nächsten Terminal und bekamen noch 2 Plätze für den Bus nach Chachapoyas, wo wir 23 Stunden später ankamen.

unsere Reiseroute

Zu dem Zeitpunkt waren wir noch eine gute Woche vom eigentlichen Erlebnis entfernt und genossen einfach nur die Zeit.

der höchste Wasserfall Südamerikas


















Chachapoyas
am Strand in Trujillo



Dann, auf der Heimreise zwischen Ica und Arequipa, wachte ich bei folgendem Gespräch auf:

- "Ist der Fahrer tot?"
- "Nein."
- "Ist dann irgendwas mit dem Motor, oder warum stehen wir hier schon seit 2 Stunden?"
- "Es ist Streik. Die Straße ist gesperrt und wir können nicht weiterfahren."

Vor uns befanden sich hunderte von Minenarbeiter, die die Panamericana und somit die einzige Verbindungsstraße nach Arequipa blockierten. Dank ihnen verbrachten wir und ca. 50 weitere Busse insgesamt 53 Stunden vor dem kleinen Ort Chala, der noch 6 Stunden von Arequipa entfernt lag. Wenigstens gab es einen kleinen Laden, wo wir Wasser und Brot kaufen konnten.



Nach 2 Tagen und 3 Nächten im Bus, Angst wegen Gasbomben und Dynamit, einem unvergesslichen Blick aufs Meer, dem permanenten Gestank nach Urin, einem nervenzerreißenden Anruf nach Deutschland und stundenlangem Warten, ohne absehbarem Ende, entschieden wir früh morgens unsere Koffer im Bus zu lassen und nur mit unserem Handgepäck durch den Streik zu gehen. Vorbei an hunderten Streikenden mit Schlagstöcken, abgebrannten Autoreifen und einem Meer aus Steinen.
Auf der anderen Seite des Dorfes angekommen, machten wir das, was wir in den letzten Tagen schon genügend getan hatten – wir warteten. Alle Autos, die in den nächsten Ort fuhren, waren besetzt und so kam es, dass wir uns im Endeffekt auf einem Viehtransporter befanden. Es war eng und der Boden war nass...


auf dem Viehtransporter


Nachdem wir bis zum Nachmittag noch 2 weitere Streiks durchquert haben, kamen wir abends endlich in Arequipa an, wo eine warme Suppe, eine Dusche, frische Klamotten und bequeme Betten auf uns warteten.






Während der langen Zeit, die wir wegen dem Streik im Bus verbrachten, kam mir irgendwann wieder die Frage „was ist Glück?“

Ist Glück vielleicht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein?
Und kann man auch Glück haben, wenn man sich in einer Situation befindet, die man eher als Pech bezeichnen würde?

Der Streik hat mir gezeigt, dass man auch in solchen Momenten Glück haben kann. Zum Glück ist uns nämlich nichts passiert als wir als Ausländer durch die streikende Masse von Peruanern gegangen sind, dass wir eine Mitfahrgelegenheit hatten, auch wenn es ein Viehtransporter war, und wir letztendlich gut an unserem Ziel angekommen sind!

Glück gehabt! ;-)

Mittwoch, 25. April 2012

Zusammen am anderen Ende der Welt

Langsam wurde es echt mal wieder Zeit für einen neuen Eintrag... ;-)
Und dieses Mal gibt es Neuigkeiten, die ich zusammen mit meiner Familie erlebt habe!
Innerhalb von 2 Wochen haben wir eine Strecke von knapp 4000km in ca. 60 Stunden Busfahrt zurückgelegt, quer durch den Süden Perus!
Unsere Reise begann in Lima und unsere Zielorte waren Ica, Arequipa, Chivay, Puno, Cusco, Machu Picchu und zum Schluss nochmal Arequipa.


LIMA.

Um 11:40 Uhr landete das Flugzeug mit meiner Familie. Währenddessen befand ich mich noch in einem Combi auf dem Weg zum Flughafen. Obwohl Sabrina und ich, typisch peruanisch eben, zu spät kamen, mussten wir trotzdem noch kurz warten, bis meine Mama, als Erste der 5, durch die Tür kam. Ein paar Sekunden später kamen auch meine 2 Brüder, mein Papa und meine Schwester dazu. Ich rannte auf sie zu und begrüßte sie, zum ersten Mal seit 8 Monaten. Das Gefühl war unbeschreiblich und unglaublich! Mir fiel sofort auf, dass mein Bruder und meine Schwester ziemlich gewachsen sind und daran hab ich richtig gemerkt, dass ich doch schon eine ganze Weile weg von daheim bin.


ICA.
Von der Hauptstadt aus ging es am selben Tag noch weiter nach Ica, wo wir direkt in der Oase Huacachina übernachteten und von dort aus einen Ausflug zu den Islas Ballestas machten.

Oase Huacachina
Islas Ballestas




Am Nachmittag gings dann ab in die Wüste! Auf einer Sanddüne zu stehen und um sich herum nur Sand zu sehen, ist schon total krass, aber dann auch noch in einem Buggy über die Sanddünen zu fahren und zu schanzen, ist noch viel krasser! Ein unvergessliches und verrücktes Erlebnis!


An einer geeigneten Düne angekommen, hatten wir dann eine Sicht über Ica und die Wüste und packten unsere Sandboards aus, mit denen es dann die Düne runter ging. Erst auf dem Bauch und Kopf voraus und dann im Stehen. Die nächste Düne war steiler und höher und erstmal traute sich keiner runterzufahren. Irgendwann befanden wir uns dann doch alle auf unseren Brettern und ließen die Düne hinter uns.





AREQUIPA.
Am nächsten Morgen fuhr unser Bus in den Terminal von Arequipa ein. Nachdem alle Koffer bei mir daheim abgestellt waren, saßen wir auch schon im Taxi auf dem Weg zur Schule. Meiner Familie wurden alle Schüler und Lehrer vorgestellt, es wurde gesungen, getanzt und Süßigkeiten aus Deutschland verteilt. Nach einem Papayasaft und Kuchen mit allen Lehrern und der Direktorin ging es dann nach Hause. Dieses Mal aber im Combi. Was eine alltägliche Fahrt für mich war, wurde zu einer ziemlich außergewöhnlichen Fahrt für meine Familie. Meine Mama zählte 27 Personen, die sich in den Combi quetschten, der ein bisschen größer war als unser VW Bus in Deutschland für 6 Personen.



Chivay.
Eine Stadt im Colca Canyon. Weil ich da schon war, schickte ich meine Familie allein los und sie kamen mit ziemlich vielen Bildern und Eindrücken zurück. Im Gegensatz zu mir, hat ihnen der Ausflug sehr gefallen - sie mussten ja auch nicht wandern ;-) Außerdem haben sie einen besseren Zeitpunkt als ich erwischt, weil jetzt, nach der Regenzeit, alles grün ist und blüht.






PUNO.
Ostersonntag verbrachten wir erst im Bus und dann in Puno, direkt am Titicacasee auf 3800m Höhe. Bevor es im Boot zur Insel Taquile und den schwimmenden Schilfinseln Los Uros ging, schauten wir uns Sillustani mit seinen Türmen aus riesigen Steinen an.


Schilfinseln Los Uros



 




Insel Taquile





Schon am ersten Abend in Puno hatte die Hälfte von uns ziemliche Kopfschmerzen und Probleme mit der Höhe. Deshalb waren wir richtig froh, nach Cusco weiterfahren zu können, das ein bisschen tiefer, auf 3400m Höhe liegt. Dafür mussten wir aber eine 6 stündige Busfahrt in Kauf nehmen, die einem Schnarchkonzert glich. Es schnarchten so viele Leute und einer hörte sich dabei an, als würde er demnächst ersticken... Außerdem wurde der Bus nachts kontrolliert und Männer liefen mit Taschenlampen durch die Gänge und leuchteten alles ab. 

CUSCO.
Nach einer so gut wie schlaflosen Nacht kamen wir dann endlich in Cusco an, wo eine ziemlich Kälte auf uns wartete. Dann sollte uns am Terminal eine Frau abholen, der ein Hostel gehört, aber die war nicht da. Im Endeffekt kamen wir trotzdem zu der Adresse und alle, bis auf Sabrina, mein Gastbruder und ich, verschwanden in ihren Zimmern um noch ein paar Stunden zu schlafen. Währenddessen buchten wir 3 die Reise nach Machu Picchu und kamen erst morgens als es schon wieder hell war ins Bett.





Cusco hat mir von allen unseren Reisezielen, bis auf Arequipa natürlich ;-), am besten gefallen, auch wenn es zum Teil ziemlich kalt war und es oft unvorhersehbar geregnet hat. Während sich meine Eltern und meine Schwester einen Tag länger Cusco anschauen konnten, fuhren meine 2 Brüder, Sabrina, unser Gastbruder und ich ins 2 Stunden entfernte Ollantaytambo. Von da aus ging es im Zug nochmal 2 Stunden bis nach Aguas Calientes. Von dem Dorf aus war es dann nicht mehr weit bis zu Machu Picchu.










Weil wir schon nicht auf den Waynapicchu, den bekannten Berg bei Machu Picchu, hochgestiegen sind, um uns die Ruinenstadt von oben anzuschauen, sind wir wenigstens bis zur Puerta del Sol, dem Sonnentor, gegangen und haben von dort aus auch eine ziemlich gute Sicht gehabt.

Machu Picchu vom Sonnentor aus

AREQUIPA.
Wieder daheim in Arequipa fehlte noch der Comedor, wo ich einmal die Woche arbeite. Die Reaktionen der Kinder auf meine Familie waren ziemlich unterschiedlich. Einige stellten viele Fragen und wollten zum Beispiel wissen, wie meine Geschwister heißen und ob sie bald wieder in den Comedor mitkommen würden. Andere trauten sich erst nicht rein und warteten kurz vor der Tür. Nach dem Mittagessen gingen wir zusammen mit den Kindern Fußball spielen. Und sogar einige Kinder, die sich wegen meiner Familie erst nicht in den Comedor getraut hatten, spielten mit.